
Schwierige Mitarbeitende? Eine Blogreihe über das Unausgesprochene in der Führung
Über diese Reihe
Man spricht nicht gern darüber.
Man hat Führungskräftetrainings besucht, vielleicht sogar ein Coaching gemacht.
Man weiß um Modelle, um Werte, um Rollenbewusstsein.
Und trotzdem gibt es sie: die eine Person, an der man sich abarbeitet.
Die eine Mitarbeiterin, die einen ratlos, verunsichert, vielleicht sogar zornig macht.
Die einem die Lust auf Gestaltung nimmt – weil sich jede Interaktion wie ein verdeckter Machtkampf anfühlt.
Viele Führungskräfte erleben das – aber kaum jemand spricht offen darüber.
Denn: Sollte ich das nicht längst im Griff haben?
Warum verfehlen dann all die gut gemeinten Führungsrezepte ausgerechnet bei dieser einen Person ihre Wirkung?
Diese Blogreihe widmet sich genau diesen Fällen:
Den Spannungsfeldern, die nicht in den klassischen Führungshandbüchern stehen.
Den Mitarbeitenden, die nicht einfach „geführt werden können“ – weil sie selbst zu viel erlebt, aufgebaut oder verteidigt haben.
Teil 1 startet mit einem Phänomen, das viele kennen:
Die informell mächtige Person, die jede neue Führungskraft systematisch prüft – und nicht selten zermürbt.
Teil 1: Geliebte Feinde in der Organisation – Wie Führung gelingt trotz informeller Machtspiele
„Ich weiß, wie der Laden läuft.“
Er war nie offiziell Führungskraft. Aber alle fragen ihn.
Sie hat keine disziplinarische Macht. Aber ohne sie bewegt sich nichts.
Und ich? Bin offiziell verantwortlich – aber inoffiziell ständig unter Beobachtung.
Viele Führungskräfte, die neu in eine Organisation kommen, treffen auf sie: die geliebten Feinde.
Menschen, die fachlich brillant sind, sich engagieren, viel für die Organisation getan haben – und genau daraus ihren informellen Einfluss ziehen.
Doch statt ihre Expertise kooperativ einzubringen, nutzen sie sie oft, um systematisch zu untergraben:
neue Führungskräfte, neue Entscheidungen, neue Perspektiven.
Nicht offen, sondern subtil. Nicht laut, aber wirkungsvoll.
„So machen wir das hier nicht.“
Typisch für diese Konstellation:
- Über Jahre gewachsene Macht ohne Mandat
- Dauerhaftes Besserwissen gegenüber der formalen Leitung
- Ablehnung ohne offene Konfrontation
- Verdeckte De-Legitimierung von Führung gegenüber Dritten
Solche Mitarbeitenden sind nicht destruktiv im klassischen Sinne – sie lieben oft die Organisation, die Fachlichkeit, ihren Einfluss.
Aber sie können eine toxische Loyalität zur Vergangenheit pflegen. Und für neue Leitungspersonen zur psychischen Dauerbelastung werden.
Was macht das mit Führungskräften?
- Selbstzweifel: „Bin ich hier überhaupt richtig?“
- Erschöpfung: durch ständiges Gegenhalten
- Überanpassung: „Vielleicht sollte ich es einfach lassen, um nicht noch mehr Widerstand zu erzeugen.“
Zugleich entsteht oft ein fast verzweifelter Wunsch, „es doch noch hinzukriegen“, die andere Person irgendwie zu gewinnen oder zu befrieden – als müsste der Widerstand aufhören, damit Führung gelingen kann.
Dabei zeigt die Realität etwas anderes:
Nicht alle Konflikte lösen sich auf. Nicht jede Beziehung wird harmonisch.
Oder – wie ein köstlicher Monty-Python-Führungsfilm aus den 1980ern es ausdrückt:
„Sie wird vermutlich immer jammern. Aber sie ist eine gute Mitarbeiterin. Und du bekommst dein Geld dafür, sie zu managen.“
Warum nervt er oder sie so?
Ein Perspektivwechsel hilft weiter: Vielleicht geht es dieser Person nicht darum, zu stören – sondern gesehen zu werden.
Viele dieser „geliebten Feinde“ wollen im Kern wahrgenommen werden: für ihre Leistungen, ihre Geschichte, ihren Beitrag.
Sie fühlen sich übergangen, vergessen, überrollt – und kämpfen mit den Mitteln, die sie haben: Einfluss, Expertise, informelle Macht.
Von Idealisierung zur subtilen Abwertung – wenn Nähe zur Waffe wird
Besonders belastend wird die Situation, wenn zu Beginn der Zusammenarbeit zunächst Wärme und Zugewandtheit spürbar sind.
Viele Führungskräfte berichten von euphorischen Anfangssätzen wie:
„Endlich kommt hier mal jemand mit frischem Wind.“
„Ich habe gleich gespürt, mit Ihnen wird das besser.“
Was zunächst als Ermutigung erlebt wird, kippt oft unvermittelt:
- Zurechtweisungen in Meetings
- Übergriffige Hinweise in Nebensätzen („Das haben wir hier immer anders gemacht…“)
- Subtile Zweifel an der Kompetenz („Das verstehen Sie vielleicht noch nicht ganz…“)
Diese Dynamik folgt häufig einem charismatisch-narzisstischen Muster:
Zuerst wird die neue Leitung idealisiert – dann, bei Enttäuschung, entwertet.
Beispiel:
Eine junge Amtsleiterin wurde zunächst begeistert empfangen – wenige Monate später wurde sie in jeder Besprechung subtil infrage gestellt.
Ein erfahrener Kollege lobte anfangs überschwänglich – und stellte bald jede Entscheidung öffentlich infrage.
Diese Wellenbewegung aus Idealisierung und Abwertung ist erklärbar. Aber sie darf nicht das Führungshandeln bestimmen.
Was hilft? Zwischen Kooperation & Klarheit
Systemisch betrachtet ist jede*r Teil eines Musters.
Der „geliebte Feind“ ist nicht böse – er erfüllt eine Funktion.
Aber: Diese Funktion darf nicht auf Kosten der Führungsverantwortung gehen.
1. Einbeziehen & anerkennen
- Fachliche Leistung würdigen
- Offene Gespräche suchen
- Einladen zur Mitverantwortung
2. Positionieren & begrenzen
- Rollenklärung: Wer ist wofür zuständig?
- Grenzen setzen: Was dulde ich – was nicht?
- Nicht gefallen wollen – sondern Klarheit ausstrahlen
Hinweis: Wenn Sie als Führungskraft Begleitung in einer komplexen Übergangssituation suchen – etwa beim Einstieg in eine neue Rolle, im Umgang mit Widerstand oder in persönlichen Umbruchphasen –, finden Sie hier Informationen zu meinem
Online-Coaching für Führungskräfte im Übergang.
Tipps: Geliebte Feinde souverän führen
Haltung | Handlung |
---|---|
Ich nehme informelle Macht ernst, aber nicht persönlich. | Führe bewusst Gespräche über Rollen & Verantwortung. |
Ich hole mir Rückhalt. | Kläre deine Position mit Vorgesetzten. |
Ich anerkenne Kompetenz – nicht Untergrabung. | Formuliere Wertschätzung ohne dich kleinzumachen. |
Ich sorge für mich. | Coaching, kollegiale Beratung oder Supervision helfen beim Sortieren. |
Fazit: Führung braucht keine Feinde – aber sie übersteht sie
Es ist möglich, mit solchen Menschen gut umzugehen – ohne Kampf und ohne Unterordnung.
Wer Klarheit mit Wertschätzung verbindet, stärkt nicht nur sich selbst, sondern auch die Organisation.
Die Blogreihe macht den Anfang – und lädt zur Auseinandersetzung ein. In den nächsten Wochen folgen Beiträge zu verschiedenen Typen schwieriger Mitarbeitender – mit praktischen Hinweisen für Führung, Grenzsetzung und Deutungsspielräume. Ich freue mich über Austausch – per Kommentar, Mail oder im Coachinggespräch.

