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Schwierige Mitarbeitende (Teil 2): Wenn Nähe kippt – Narzisstische Kränkungen im Führungsalltag

Manche Mitarbeitende wirken zunächst offen, interessiert, zugewandt. Doch im Verlauf entwickelt sich eine unvorhersehbare Dynamik: Kritik wird zum Eklat, fachliche Entscheidungen zur narzisstischen Kränkung.

Wie lässt sich das verstehen – und was heißt das für Führung?

In den letzten Jahren wurde viel über narzisstische Persönlichkeitsstrukturen bei Führungskräften geschrieben. Zurecht – ihr Einfluss auf Organisationen und Teams kann erheblich sein.

Doch es gibt auch eine andere Seite: Mitarbeitende mit narzisstischer Kränkungsdynamik. Sie sind oft besonders engagiert, präsent, meinungsstark – und zugleich verletzlich, fordernd und schwer zu führen.

Solche Mitarbeitenden…

  • reagieren überzogen auf Rückmeldungen,
  • nehmen sachliche Kritik als persönlichen Angriff,
  • inszenieren sich als „Stimme der anderen“,
  • und führen ihre Führungskraft in Loyalitätskonflikte.

Führungskräfte stehen dann schnell unter Druck – besonders in Verwaltungen, wo Mitbestimmung und Beteiligung strukturell verankert sind.

Die Beziehung beginnt oft mit Offenheit, manchmal mit Idealisierung. Doch bei der ersten Irritation kippt das Verhältnis:

  • Aus Nähe wird Misstrauen,
  • aus Offenheit wird Abwertung,
  • aus Loyalität wird verdeckte Drohung.

Der Ton wird schärfer, Mails länger. Typische Aussagen:

  • „Ich sag das nur, weil ich helfen will.“
  • „Ich bin nicht die Einzige, die das so sieht – aber die anderen trauen sich halt nicht.“

Im schlimmsten Fall folgen Beschwerden beim Personalrat – häufig ohne objektiv überprüfbares Fehlverhalten der Führungskraft.

Psychologisch betrachtet sprechen wir von verletzlichem Narzissmus: Einer sensiblen inneren Struktur, die stark auf Bestätigung angewiesen ist – und sich schnell verletzt fühlt.

Kritik wird dann nicht als Hinweis zur Weiterentwicklung verstanden – sondern als persönliche Entwertung erlebt.

Was sagt die Psychotherapie dazu?

Manche Menschen haben ein sehr empfindliches Selbstwertgefühl. Sie wirken nach außen stark, reagieren aber auf Kritik oder Enttäuschung übermäßig heftig – oft mit Rückzug, Angriff oder Abwertung der anderen Person.

Solche Muster kommen in der Psychotherapie häufig vor. Sie gelten nicht als Krankheit, sondern als Persönlichkeitsstil – der für alle Beteiligten sehr anstrengend sein kann.

In der medizinischen Klassifikation (ICD-10) wird das nicht direkt „Narzissmus“ genannt, aber ähnliche Verhaltensweisen tauchen unter dem Begriff emotional instabile Persönlichkeitsstörung auf. Darunter fallen:

  • starke Stimmungsschwankungen,
  • Empfindlichkeit gegenüber Zurückweisung,
  • und eine instabile Selbstwahrnehmung.

Für den Arbeitskontext bedeutet das: Nicht jede schwierige Dynamik ist ein persönliches Versagen – manches hat tiefere psychologische Ursachen.

Was also tun als Führungskraft?

Was hilft in der Praxis?

  • Kränkungskompetenz: Überreaktionen nicht spiegeln, nicht schärfer zurückschreiben.
  • Rollenklarheit: Keine Vermischung von Nähe und Führungsrolle zulassen.
  • Kleinschrittige Kommunikation: Feedback nie spontan, nie öffentlich, nie vermischt.
  • Professioneller Abstand: Wer sich distanziert, schützt auch die Beziehung.
  • Kollegiale Beratung: Nicht alles allein tragen – Supervision hilft.

Wichtig ist auch, die Grenzen anzuerkennen: Nicht jeder Konflikt lässt sich lösen. Manches ist nicht veränderbar – aber verstehbar.

Wenn jemand alles persönlich nimmt – und die Führungskraft darf nichts persönlich nehmen – entsteht ein Ungleichgewicht. Eine unfaire Verteilung von Empfindlichkeit und Verantwortung. Genau dann braucht es Klarheit, Standhaftigkeit – und professionelle Unterstützung.

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