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Schwierige Mitarbeitende Teil 3: Spiegel statt Stütze– wenn Mitarbeitende unsere Schwächen berühren

Teil 3 und vorläufiger Abschluss der Reihe „Schwierige Mitarbeitende“

Wenn wir über schwierige Mitarbeitende sprechen, richten wir den Blick schnell auf bestimmte Verhaltensweisen: Übergriffigkeit, Widerstand, mangelnde Kritikfähigkeit. Das ist nachvollziehbar – schließlich entstehen viele Spannungen in Teams dort, wo Verhalten Grenzen überschreitet.

Aber es gibt auch die andere Seite. Und die ist unbequem:
Was, wenn nicht nur der oder die andere schwierig ist – sondern auch etwas in uns selbst?

In meiner Coachingausbildung bei Dr. Astrid Schreyögg bin ich auf ein Konzept gestoßen, das mich bis heute begleitet: die sogenannte „narzisstische Ergänzung“. Ein Begriff, den man so kaum noch findet – aber der in der Praxis unglaublich hilfreich ist.

Gemeint ist damit ein (meist unbewusster) innerer Wunsch:
Dass Mitarbeitende etwas „ausgleichen“, was uns selbst fehlt.

Der Wunsch nach Ergänzung

Führungskräfte tragen Verantwortung – und sie spüren ihre eigenen Grenzen.
Wir alle haben Stärken. Und wir alle haben Bereiche, in denen wir uns schwer tun: Struktur, Klarheit, Empathie, Disziplin, Tempo, Geduld, Vision, Detailtreue – was auch immer.

Die Versuchung ist groß, genau das im Team zu suchen, was uns selbst schwerfällt. Nicht als explizite Strategie, sondern still und unterschwellig. „Ich kann gut das eine – dann muss mein Team halt das andere bringen.“

Solange das aufgeht, funktioniert die Zusammenarbeit oft gut.
Doch was passiert, wenn die ersehnte Ergänzung ausbleibt? Wenn Mitarbeitende nicht stabilisieren, was wir wackelig fühlen – sondern uns gerade darin spiegeln?

Wenn Mitarbeitende Triggerpunkte treffen

Wer sich etwa mühsam angewöhnt hat, pünktlich zu sein, wird besonders empfindlich reagieren, wenn andere ständig zu spät kommen.
Wer sich quält, seine Unterlagen ordentlich zu führen, wird wütend, wenn jemand seine Kaffeetassen im Besprechungsraum stehen lässt.
Und wer gelernt hat, sich unter hoher Selbstkontrolle an alle Vorgaben zu halten, fühlt sich herausgefordert von Kolleg*innen, die scheinbar locker und unbeeindruckt mit Grenzen umgehen.

„Ich reiße mich hier zusammen – und sie nimmt sich einfach raus, was sie will?“

Die Kränkung sitzt tief. Aber sie lässt sich schwer benennen.
Denn natürlich kann man nicht sagen:
„Ich bin selbst unstrukturiert, also sei du bitte ordentlich – sonst halte ich das nicht aus.“

Warum das Thema Führung so sensibel macht

Führungskräfte dürfen sich Irritation kaum leisten.
Sie sollen reflektiert, kontrolliert, souverän auftreten – gerade wenn es schwierig wird.
Doch innere Erwartungen an das Team („Sei bitte das, was ich gerade nicht schaffe zu sein“) wirken im Hintergrund weiter.

Und genau hier entstehen Konflikte, die unter der Oberfläche brodeln:
Enttäuschung, die man sich nicht eingesteht.
Ärger, der überzeichnet wirkt.
Beurteilungen, die sich emotional aufladen.

Was hilft?

Zunächst einmal: Selbstmitgefühl.
Niemand führt „rein sachlich“. Wir bringen unsere Geschichte, unsere Muster, unsere Sehnsüchte mit.

Aber: Wer führt, sollte sich auch selbst beobachten – besonders da, wo der Ärger heftig ist und schwer erklärbar.

Hilfreich sind Fragen wie:

  • Was hätte ich mir hier eigentlich insgeheim gewünscht?
  • Was will ich von diesem Menschen, was ich selbst gerade nicht leisten kann?
  • Wo bin ich enttäuscht – und worauf bezieht sich diese Enttäuschung wirklich?

Und: Sich externe Reflexion zu gönnen. Coaching oder Supervision sind keine Zeichen von Schwäche – sondern Ausdruck professioneller Reife.

Sie tragen Führungsverantwortung – und spüren, dass eine Teamdynamik Sie stärker berührt, als Sie wollen?
Ich begleite Führungskräfte online – empathisch, strukturiert und psychologisch fundiert – besonders in belastenden Konstellationen mit hoher Eigenbeteiligung.

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Abschluss der Reihe – oder der Beginn eines anderen Blicks

Mit diesem Beitrag endet vorerst meine Reihe über schwierige Mitarbeitende.
Teil 1 behandelte informelle Macht und übergriffige Dynamiken.
Teil 2 ging der Frage nach, wie narzisstische Kränkungen im Team die Führung herausfordern.

Und nun: der Blick nach innen.

Denn manchmal sind nicht die anderen zu schwierig – sondern unsere Erwartungen zu still, zu groß oder zu eng.
Die Kunst liegt darin, sich selbst nicht aus dem Blick zu verlieren, ohne den Anspruch an andere aufzugeben.

Schwierige Mitarbeitende sind nicht selten Spiegel. Und manchmal sehen wir in ihnen Seiten, mit denen wir bei uns selbst noch im Gespräch sind.