
Erschöpft, aber wirksam – Führung jenseits von Yogamatte und Atemtechnik
Wie kollektive Verstörung zur Ressource für gute Führung werden kann
Es ist eine paradoxe Situation: Viele Führungskräfte, mit denen ich arbeite, sind erschöpft, aber keineswegs wirkungslos. Im Gegenteil. Sie führen mit klarem Kopf, sie übernehmen Verantwortung, sie setzen sich ein. Und sie zahlen dafür einen Preis. Einen Preis, der sich nicht mit einer Stunde Yoga pro Woche begleichen lässt.
Zwischen Selbstverantwortung und Systemdruck
Wer heute führt, gerät leicht in eine Spirale aus Überforderung, Verantwortungsübernahme und wachsender innerer Erschöpfung. Und während die Systeme kaum entlasten, verlagert sich die Verantwortung für Stressbewältigung immer stärker auf das Individuum. Achtsamkeit, Resilienztrainings, Mindfulness-Karten auf dem Schreibtisch.
Das kann entlasten. Muss es aber nicht. Denn wer strukturelle Spannungen, widersprüchliche Erwartungen und verdeckte Machtkonflikte als alleinige Baustellen der eigenen psychischen Konstitution begreift, bleibt vor allem eines: allein. Allein auf der Yogamatte. Allein mit dem Tagebuch. Allein mit dem Meditations-Podcast.
Verstörung statt Störung: Führung braucht Resonanz
Was wir stattdessen brauchen, ist ein Umdenken. Statt Symptome zu pathologisieren, könnten wir sie systemisch lesen: als Verstörung. Verstörung bedeutet: Etwas passt nicht. Und genau darin liegt die Chance. Verstörung fordert uns heraus, nicht nur uns selbst zu verändern, sondern auch unser System in den Blick zu nehmen.
In meiner Arbeit mit Führungskräften erlebe ich oft, wie wertvoll dieser Perspektivwechsel ist. Nicht: „Was stimmt nicht mit mir?“ sondern: „Was sagt das über meine Rolle, meine Organisation, mein Umfeld aus?“ Und: „Was kann ich tun, damit ich handlungsfähig bleibe, ohne mich zu verbiegen oder zu erschöpfen?“
Wirksamkeit entsteht nicht im Alleingang
Es ist kein Zufall, dass viele meiner Klient*innen die kollegiale Beratung als größte Ressource empfinden. Wenn Führung nicht als Einzelleistung, sondern als geteilte Verantwortung verstanden wird, entstehen Räume für Reflexion, Entlastung und Mut.
- Führungskräftezirkel
- systemisches Coaching
- kollegiale Beratung
- Team-Supervision
All das sind Formen kollektiver Selbststärkung in einer Welt, die uns gerne als Einzelkämpfer*innen sieht.
Mein Fazit
Erschöpfung ist kein Zeichen von Schwäche. Sie ist ein Indikator für Belastung, für Verantwortung, für hohe Anforderungen. Doch sie darf nicht zur chronischen Begleiterin guter Führung werden. Wenn wir „Führung trotz Erschöpfung“ möglich machen wollen, müssen wir raus aus der Individualisierungsfalle.
Und genau dabei kann Coaching helfen:
- Nicht als Reparaturbetrieb der Seele.
- Sondern als Denkraum für Verstörung.
- Als Resonanzraum für Rollenklärung.
- Als Impulsgeber für neue Möglichkeiten.
- Als kollegiale Zwischenstation auf dem Weg zu einer nachhaltigen, gesunden Führung.

