Allgemein

Präzise oder visionär? Was passiert, wenn unterschiedliche Führungstypen kollidieren

Warum Persönlichkeitspräferenzen in der Verwaltung über Erfolg oder Eskalation entscheiden können

In einer aktuellen Mediation zwischen zwei hochrangigen Führungspersonen einer Kreisverwaltung trafen zwei unterschiedliche Welten aufeinander:

Auf der einen Seite ein konzeptstarker, strategisch denkender Quereinsteiger mit Innovationsauftrag – schnell, assoziativ, visionär. Auf der anderen Seite eine erfahrene Führungskraft mit langjähriger Verwaltungspraxis – strukturiert, regelorientiert, mit klarer Detailfokussierung.
Beide in übergeordneter Verantwortung. Beide entscheidend für die Ausrichtung ihrer Organisation. Beide unverzichtbar.

Und doch: Der Konflikt schien unlösbar. Nicht aus Unwillen. Sondern aus grundlegend unterschiedlichen Persönlichkeitspräferenzen.

Persönlichkeit trifft auf Systemlogik

Seit über 25 Jahren arbeite ich mit dem MBTI (Myers-Briggs-Typindikator), einem Persönlichkeitsmodell, das insbesondere zwei Wahrnehmungsstile beschreibt, die in Verwaltungen immer wieder aufeinanderprallen:

– Sensing-Präferenzen (S): Sie stehen für Detailorientierung, Regelbewusstsein, strukturiertes Abarbeiten, verlässliches Prozessdenken.
– Intuition-Präferenzen (N): Sie bevorzugen das große Ganze, Zukunftsvisionen, innovative Zusammenhänge und kreative Lösungsansätze.

In der Theorie sind das gleichwertige Präferenzen. In der Praxis aber – gerade in der öffentlichen Verwaltung – stoßen sie oft hart aufeinander.

Verwaltung braucht Struktur. Und Innovation.

Ich möchte an dieser Stelle ganz deutlich sagen:
Es ist ein Gewinn, dass viele unserer Führungskräfte in Verwaltungen mit sogenannten S-Präferenzen ausgestattet sind.

Was heißt das?
Im Persönlichkeitsmodell MBTI wird zwischen verschiedenen Wahrnehmungsstilen unterschieden. Menschen mit einer Sensing-Präferenz – also der „S-Präferenz“ – nehmen ihre Umwelt bevorzugt über konkrete Details wahr. Sie prüfen exakt, achten auf Genauigkeit bis zur hintersten Kommastelle, handeln pragmatisch und sind stark in der Anwendung klarer, bewährter Strukturen.

Genau diese Qualitäten sind das Rückgrat rechtsstaatlicher Verwaltung. Denn ich möchte als Bürgerin einen Pass, der gilt. Einen Steuerbescheid, der rechtssicher ist. Ein Baugenehmigungsverfahren, das nachvollziehbar abläuft. Kein Innovationsprogramm ersetzt den Wert rechtsstaatlicher Verlässlichkeit.

Gleichzeitig aber braucht Verwaltung heute auch neue Denkweisen: Projektarbeit, ressortübergreifende Zusammenarbeit, Digitalisierungsstrategien, agilere Entscheidungsprozesse – all das verlangt vernetztes Denken, strategische Entwicklungskompetenz und die Fähigkeit, Zukunft zu imaginieren.

Diese Kompetenzen bringen häufig Quereinsteiger oder jüngere, anders sozialisierte Führungskräfte mit. Und genau hier liegt die Spannung.

Wenn Verständigung zur Herausforderung wird

In der oben genannten Mediation wurde schnell deutlich:
Die beiden Führungskräfte verstanden sich nicht – nicht im Sinne von „nicht einverstanden“, sondern ganz wörtlich: Sie verstanden einander nicht.

– Die eine Seite hörte „unkonkretes Gerede“ – wo die andere „strategische Linienführung“ meinte.
– Die andere Seite erlebte „Beharren auf Kleinigkeiten“ – wo in Wahrheit rechtliche Sorgfalt und Verwaltungsloyalität gemeint war.

Das ist keine Frage von Kompetenz – sondern von Wahrnehmungspräferenz.

Was hilft?

Wenn solche Spannungen auf hoher Ebene ungelöst bleiben, gefährden sie nicht nur das Miteinander, sondern auch die Steuerungsfähigkeit der Organisation. Was es braucht:

– Mediation auf Augenhöhe – nicht zur Konfliktlösung im klassischen Sinne, sondern zur Übersetzungsarbeit zwischen Denkwelten.
– Sprachfähigkeit über Unterschiede – Persönlichkeitsmodelle wie der MBTI können hier hilfreiche Orientierung geben.
– Anerkennung der Gegensätzlichkeit als Ressource – Verwaltung braucht keine Einheitskultur, sondern ein bewusstes Sowohl-als-auch.
– Professionelle Begleitung für Leitungsteams, die Unterschiedlichkeit nicht nur „aushalten“, sondern aktiv nutzen wollen.

Mein Fazit

Der kulturelle Wandel in Verwaltungen findet längst statt. Unterschiedliche Präferenzen, Arbeitsstile und Hintergründe sind kein Störfaktor – sie sind Ausdruck einer pluraler werdenden Führungskultur.

Was wir brauchen, ist kein „Recht haben“, sondern ein gemeinsames Verstehen. Und manchmal beginnt dieses Verstehen damit, Unterschiede nicht nur zu tolerieren, sondern als Ergänzung zu begreifen.

Sie arbeiten in einer Verwaltung und erleben Ähnliches?

Ich begleite Führungskräfte, Teams und Steuerungsgruppen auf dem Weg zu einem besseren Miteinander – mit fundierten Persönlichkeitsmodellen, langjähriger Erfahrung in der kommunalen Arbeitswelt und einem systemisch-therapeutischen Blick auf Konfliktdynamiken.

Sprechen Sie mich gern an, wenn Sie strukturell denken – und dennoch neue Perspektiven zulassen wollen.